New York City

By In Far Away

„I wanna wake up in a city, that doesn’t sleep“ sang einst Frank Sinatra in seiner immerwährenden Hymne über die Stadt am Hudson River und gibt damit unweigerlich den Takt der nächsten 4 Tage in dieser ruhelosen und unerschütterlichen Ostküstenmetropole vor. Denn eigentlich müsste ich nach dem nachtlosen Atlantikflug einfach nur müde sein, eigentlich ist es bereits Mitternacht in Deutschland und eigentlich hat es satte 2 Stunden vom Flughafen JFK bis zum Hotel am Times Square gebraucht, aber eigentlich ist diese laue Sommernacht in Manhattan auch viel zu schade, um sie im Tiefschlaf zu verbringen.

Nachdem mich der Fahrer von Lyft, übrigens eine Private-Taxi-App, die ich uneingeschränkt empfehlen kann, am Hotel abgesetzt hat, drehe ich erst einmal meine Runde über das Epizentrum am Broadway und lasse mich von den unzähligen Billboards und LED-Screens förmlich „flashen“. Berühmt für seine Silvesterfeiern, ist der Times Square so etwas wie das schlagende Herz der Stadt, welches auch Nachts nicht zur Ruhe kommt und die abzweigenden Adern und Straßen mit Energie versorgt.

Überall zischt und hämmert es in New York, denn es gibt immer etwas zu errichten, zu erneuern oder auszubessern. Aus den Schächten und Kanälen zischt und dampft es, während im Untergrund die Subway vorbeirattert und klarstellt, dass das Leben nicht nur oberhalb, sondern auch unterhalb der Oberfläche seinen Lauf nimmt. Ich bin zum dritten Mal in New York City und endlich bereit mich in diese 8-Millionen-Metropole zu verlieben.

Am nächsten Morgen heißt meine Strategie folglich „einfach treiben lassen“, denn New York ist so etwas wie eine Spielfilmkulisse, die von Harlem bis Lower Manhattan nahezu keine Schwächen zulässt und immer wieder spektakuläre Wolkenkratzerklötze wie das Empire State oder Chrysler Building mit großartigen Parklandschaften, Shoppinggalerien und Hinterhofkulissen mixt. So merkt man eigentlich gar nicht, dass man Kilometer um Kilometer frisst, bis man am Abend völlig erschöpft und ferngesteuert in die Federkissen fällt.

Starten wir den Tag direkt mal mit einem erstklassigen Frühstück in der Maison Kayser am wunderschönen Bryant Park. Während in der grünen Oase hinter der Public Library noch die Reste der gestrigen Filmnacht zusammengekehrt werden, backen beim Kayser bereits die Brioche und Almond Croissants im Ofen der Liebe, um dann schließlich mit viel American Filterkaffee auf meinem Teller zu landen.

Danach flaniere ich über die 5th Avenue nach Lower Manhattan und staune nicht schlecht, als sich vor einem Wendy´s die Spezialeinheit des NYPD zur Mannschaftsbesprechung aufstellt. 4 Snacks zum Preis von 4.44 $.

Donnerwetter, denke ich mir, da haut Wendy´s aber wirklich einen raus! Doch natürlich gelten Aufgebot und Straßensperren der New York City Pride Parade, die heute mitten durch Manhattan kreuzt und Verkleidungen zu Tage führt, die besagte Toleranzgrenze bewusst ins Wanken bringt.

Am Flatiron Building verlasse ich besser die großen Verkehrsachsen und entscheide mich für die wunderbaren Geschäfts- und Restaurantschachmuster von Tribeca und SoHo. Hier haben sich nicht nur die Top-Designer niedergelassen, sondern auch viele coole Modelabels und Galerien, die man in Europa nicht zwangsläufig auf der Shoppingliste hat.

SoHo oder eben auch „South of Houston Street“ entwickelte sich über die Jahre hinweg vom Slum zum Szeneviertel und beherbergt heute die meisten noch erhaltenen Cast Iron Buildings, die immer wieder mit Barock- und Renaissanceversatzstücken aufgehübscht wurden. Alleine hier könnte ich einen ganzen Tag verbringen, doch der 1WTC oder ausgeschrieben auch One World Trade Center, glänzt bereits verheißungsvoll in der Sonne und zieht mich magisch an.

Bei meinem letzten Besuch im Jahr 2010 waren die Aufbauarbeiten am Ground Zero noch in vollem Gange und lediglich eine Aussichtsplattform ließ den Blick in die riesige Baugrube zu. Heute ist dieser Ort ein Sinnbild für die Zeit in der wir leben. Eine Zeit, die vom Terrorismus geprägt ist, aber auch vom Aufbau, vom „Nicht-unterkriegen-lassen“, vom „Nicht vergessen“ und von der unbändigen Kraft und Entschlossenheit aus diesen schrecklichen Taten gestärkt hervorzugehen.

Das 9/11 Memorial Museum wurde auf dem Grund des einstigen World Trade Center erbaut und ist wirklich großartig, emotional und tief bewegend zugleich. Über Videoscreens und zahlreiche Artefakte (teils verbrannt und mit Ruß bedeckt) wird man an den schrecklichen Tag im September des Jahres 2001 erinnert und mit den persönlichen Geschichten der fast 3.000 Opfer konfrontiert. Eine beeindruckende Portraitsammlung erinnert an die Verstorbenen und erzählt uns etwas über ihre Leben, die so unvorhersehbar und grausam beendet wurden.

Dieses Museum lässt wirklich keinen unberührt, genau wie die zwei Memorial Pools, gigantische Wasserbecken, die auf den Grundrissen der einstigen Türme des World Trade Center errichtet wurden. Fast ein wenig unbeteiligt wirkt da der neue Gigant unter den amerikanischen Wolkenkratzern, der 1WTC, der mit seinen 541 Metern unschuldig und stolz in den stahlblauen Sommerhimmel ragt.

Die Geschichte wiederholt sich in New York City an fast jedem Ort und so gehört eine Schiffsfahrt nach Liberty und Ellis Island, dem Ankunftsort der damaligen Immigranten, in jede Stadtbesichtigung. Am Besten ihr kauft die Tickets schon im Internet, dann spart ihr euch die erstaunliche Warteschlange am Battery Park und könnt direkt durch die Sicherheitsschleusen und anschließend aufs Boot.

15 Minuten später steht man bereits unterhalb der 46 Meter hohen grünspanigen Kupferstatue der Lady Liberty, die 1886 als Geschenk der Franzosen an das amerikanische Volk eingeweiht wurde. Leider waren die Karten für den Aufstieg zur Plattform und Krone bereits über Monate ausgebucht, so dass ich mich nach einem kurzen Rundgang um dieses beeindruckende Monument schon wieder in die „Line“ für die Rückfahrt einreihen durfte.

Für 18 Dollar ist diese Schiffs- und Geschichtstour jedoch ein echtes Schnäppchen, verglichen mit dem Besuch der wohl schönsten Rooftop-Bar von Brooklyn im 1 Hotel Brooklyn Bridge. Bereits am Eingang zum Fahrstuhl wird man die ersten 20 Dollar für den reinen Eintritt los, bevor dann auf der 12. Etage jeder weitere Drink nochmals mit etwa 20 Dollar zu Buche schlägt.

Doch die Aussicht, meine Herren, die Aussicht, was soll ich sagen, diese Aussicht…ist einfach gnadenlos bombastisch. Man blickt direkt auf die Skyline von Manhattan und die vorgelagerte Brooklyn Bridge und lässt Hektik und Verkehrslärm einfach unter sich, denn hier oben scheint die Sonne so friedlich und heiß in meinen Nacken, dass ich anschließend beschwipst und mit einem ordentlichen Bauarbeiter-Dekolleté verziert, die Bar verlasse und die 1,8 Kilometer über die Brooklyn Bridge einfach zu Fuß gehe.

Die Strecke ist ein absolutes Highlight, da man nicht nur auf die Skyline schaut, sondern auch dem sich unten stauenden „Traffic Jam“ förmlich auf der Nase herumtanzt.

Time for Dinner und das gibt es heute Abend in der Brasserie Balthazar in SoHo, einem kulinarischen Szenetempel, der mich vom Lautstärkepegel gnadenlos überfordert und an ein Hard Rock Café mit Sprechgesang erinnert. Ohne Reservierung geht nichts und Aufgrund der Begehrlichkeit sind die vielen Tische so eng gestellt, dass man gleich mit den Nachbarn zum Barbecue gehen kann. Das Essen ist top, auch wenn die Stimmbänder am Ende arg strapaziert werden und ich mich fast auf den 90-minütigen Rückweg freue, der meine 24 Kilometer Tages-Laufleistung für Heute abschließen.

Fehlt nur noch der Blick fürs Ganze, etwas Grünes und ein bisschen Musik. Kein Problem, denn der nächste Tag beginnt mit Frühstück samt WM-Public Viewing im Rockefeller Center und landet schließlich auf dem Top of the Rock, dem Observation Deck des General Electric Building mit dem vielleicht besten 360 Grad-Blick der Stadt.

Die Aussichtsplattform befindet sich auf dem 67. Stockwerk und schraubt sich über 3. Etagen in den makellosen Himmel New Yorks. Der große Vorteil: man hat einen tollen Blick aufs Empire State Building, den man vom selbigen natürlich niemals haben kann. Direkt gegenüber blickt man direkt in die grüne Lunge der Stadt, den Central Park, der insgesamt über 54 Meilen feinster Wanderwege im Angebot hat. Ich belasse es jedoch bei einer Runde um den „Lake“ und setze lieber auf die Wiederholung meiner eigenen Geschichte, die vor 22 Jahren mit einem Dinner in der legendären Tavern on the Green ihren Anfang nahm.

Nichtsahnend reservierte der Student von einst ein romantisches Candlelight Dinner in einem der teuersten Etablissements der Stadt und hatte kaum genügend Dollar in der Tasche um das Trinkgeld zu begleichen. Es sollte 2 Dekaden dauern, um die Restschuld abzutragen und das Trauma „Tavern on the Green“ zu einem fulminanten Abschluss meines New York Aufenthalts zu bringen. Und jetzt fehlt tatsächlich nur noch ein bisschen Musik, um das letzte Kapitel über New York City aufzuschlagen. Es spielt im Madison Square Garden, der berühmten Sport- und Musikarena dieser Stadt und wird bestritten von der irischen Rockband U2, die ihr Beautiful Day heute besonders herzzerreißend und vielsagend in den Abendhimmel singt.

Es war keine Liebe auf den ersten und auch nicht auf den zweiten Blick, doch aus zwei One-Night-Stands ist am Ende eine ziemlich wilde Romanze geworden, die mich mit den Worten eines Bekennershirts hier abschließen lässt: I love New York.

Hier findet ihr übrigens meinen Reisebericht über Miami.

4 Comments
  1. Rainer Gebel Juni 29, 2018

    Ein sehr guter Bericht!
    Das 9/11 Memorial Museum hat glaubei ich
    etwas Surreales den man sich nicht entziehen kann.
    Da fällt es einem bestimmt schwer zur Tagesordnung überzugehen
    Beeindruckend!

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  2. […] London mag, wird meinen Bericht über New York sicherlich […]

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  3. […] Noch mehr U2 gibt es in meinem Bericht über New York. […]

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  4. […] Noch mehr Großstadt-Feeling gibt es in meinem Bericht über New York City. […]

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